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Ausnahmezustand – von Marokko nach Mauretanien

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„Vite, vite, … um 15 Uhr machen wir Pause und um 16 Uhr beginnt das Spiel Marokko gegen Spanien“, ruft uns der marokkanische Zöllner zu, nimmt mir den kleinen weißen Zettel aus der Hand, den ich im Zollbüro gehalten habe und kritzelt darauf, dass unser Fahrzeug untersucht worden sei.

Wenn Marokko spielt, herrscht Ausnahmezustand. Das durften wir beim letzten Gruppenspiel vor einigen Tagen hautnah miterleben. Die Straßen sind leergefegt in dem kleinen Küstenort Boujdour, die Cafés hingegen platzen aus allen Nähten. Wer Glück hat, konnte einen der enggestellten Plastikstühle ergattern. Wer, wie wir, zu spät kommt, quetscht sich unter der Markise durch, die die Caféterrasse überdacht, und versucht einen Blick auf den Bildschirm zu ergattern. Die Stimmung ist ausgelassen. Ein Trompetenspieler sitzt in einem Eck und untermalt den jubelnden Applaus, der aufkommt, wenn der Ball erobert, ein Spieler ausgetauscht oder ein beliebter Fußballer in Großaufnahme eingeblendet wird. Nähert sich der Ball gar dem gegnerischen Tor, erhebt sich die Menge und feuert die Mannschaft an, als könnte sie es hören. Kaum ist das Spiel aus, strömt alles auf die Hauptstraße, die von der Polizei vorsorglich abgesperrt wurde, und beginnt zu tanzen, zu klatschen und sich gegenseitig meterhoch in die Luft zu werfen, indem die Fahnen als Wurftuch verwendet werden. „Normalerweise ist Boujdour ein kleiner, ruhiger Ort“, erklärt mir ein älterer Mann lächelnd, der ein bisschen deutsch spricht.

Den Anstoß gegen Spanien bekommen wir nicht mehr mit, da sind wir schon in Mauretanien. Doch das ist nicht weniger spannend. Unzählige komplett verbeulte Mercedes-Limousinen schieben sich scheppernd durch die Straßen von Nouadhibou. Dazwischen Eselskarren und jede Menge Lkws unter denen Paula kaum auffällt, denn tatsächlich gehören hier Kurzhauber noch zum täglichen Straßenbild. Dass es Ampeln gibt, hat entweder noch keiner bemerkt, oder sie werden gekonnt ignoriert. Alles rollt. Wir rollen mit und so wundert es nicht, dass man auch bei Grün keineswegs ungehindert fahren kann. Die Sonne steht tief und taucht die Szenerie in ein unwirkliches Licht, aus dessen Schatten Frauen mit langen, bunten Gewändern auftauchen, die sie von Kopf bis Fuß einhüllen, Männer mit Turbanen, die ebenfalls nur einen Schlitz für die Augen freilassen und wallenden Umhängen, die ihnen ein majestätische Aussehen verleihen. Wir wissen kaum, wohin wir blicken sollen, so viele Eindrücke prasseln gleichzeitig auf ein. Mauretanien gefällt uns auf Anhieb.

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